Kommentierung Wefelscheid zur Novellierung des LBKG

MAINZ. Den heute im rheinland-pfälzischen Landtag zu beratenden Gesetzesentwurf zur Novellierung des Landesgesetzes über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz kommentiert Stephan Wefelscheid, Landtagsabgeordneter der Gruppe FREIE WÄHLER, wie folgt:

„Dass in dieser Legislatur noch eine Erneuerung des LBKG erfolgt ist richtig und wichtig. Sowas darf nicht in die nächste Legislatur verschleppt werden, sonst geraten gerade vor dem Hintergrund der Flutkatastrophe im Ahrtal wichtige Aspekte in Vergessenheit oder werden nur halbherzig umgesetzt.

Besonders freut mich aber, dass die Landesregierung in ihrem Entwurf auch viele Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss und explizit auch Empfehlungen aus meinem Sondervotum aufgegriffen hat. Schon im Ausschuss sagte ich: Man gewinnt die Schlacht in der Vorbereitung. Daher ist es gut, dass die Landesregierung nun in der Definition der Aufgabenbereiche einen Schwerpunkt auch auf vorbereitende Maßnahmen legt und diesen ein großes Gewicht einräumt.

Weiter soll entsprechend meiner Empfehlung nun eine Fachaufsicht über die unteren Katastrophenschutzbehörden, also die Kreise, eingeführt werden. Denn eine Rechtsaufsicht, bei der erst nach Hinweis auf bestehende Missstände kontrolliert wird, hat sich bei diesem wichtigen Thema als unzureichend herausgestellt.

Ich begrüße auch, dass wir nun, wie von mir gefordert, die Hauptamtlichkeit der Brand- und Katastrophenschutzinspekteure flächendeckend einführen. Das ist dringend geboten, im Ehrenamt ist diese herausfordernde Aufgabe schlicht nicht mehr leistbar.

Ebenfalls hervorheben möchte ich, dass wir nun ein Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz haben. Ich finde es gut, dass diese wichtige Aufgabe des Bevölkerungsschutzes nicht mehr bei der ADD liegt, die eh schon sehr viele Aufgaben zeitgleich erledigen muss, sondern ein eigenes Landesamt bekommt. So ist endlich sichergestellt, dass im Ernstfall eine passend ausgebildete und ausgerüstete Leitungsebene des Landes bereitsteht.

Positiv ist auch, dass die Kommunen nun verstärkt mit den Integrierten Leitstellen zusammenarbeiten sollen, Details werden hier nun wohl noch durch Rechtsverordnungen geregelt. Wichtig ist hierbei, darauf zu achten, dass die Informationsflüsse insbesondere im Katastrophenfall funktionieren. Denn MoWaS muss aktiviert werden können, selbst, wenn die TEL überfordert ist oder schlimmstenfalls ausfällt.

Zentrale Abwehrmaßnahmen erfordern aber eben auch zentrale Planung und Mittelbereitstellung. In der Vergangenheit hatte sich der Schwachpunkt gezeigt, dass auf Landesseite keine Gefahren- und Risikoanalyse für das Land bestand, zumindest in der Qualität und Tiefe, dass Großschadensereignisse schon mal gedanklich in all ihrer Mannigfaltigkeit durchdacht wurden, Stichwort „gedanklicher Stresstest“.

Eine solche Gefahren- und Risikoanalyse soll nun kommen, allerdings besteht hierbei folgender möglicher Schwachpunkt: Die Gefahren- und Risikoanalyse soll auf der Gefährdungsabschätzung des Bundes basieren. Und an dieser Stelle muss man dann eben genau hingucken, ob das Bundesamt auch hinreichend sauber die Gefahren hier in Rheinland-Pfalz analysiert. Deshalb muss auch das Land Rheinland-Pfalz selbst aktiv werden und gegebenenfalls ergänzende Impulse an das Bundesamt senden (Stichwort „kommunizierende Röhren“).

Für potenziell konfliktträchtig halte ich allerdings die Regelung in § 16 Abs. 2, nach der Einsatzkräfte auch verschiedene Führungspositionen zeitgleich innehaben können solange die Prioritäten geregelt sind. Angesichts der Personalknappheit kann man das zwar mal probieren, aber man muss gründlich schauen ob das in der Praxis auch funktioniert. Ich weise noch mal deutlich darauf hin, dass es mit einer Abstimmung allein nicht getan ist, sondern dass letztlich auf wichtigen Positionen so immer jemand fehlen wird. Dies ist ein Paradebeispiel, warum es einer Fachaufsicht bedarf. Denn die Maxime, unter der ein Katastrophenschutzsystem aufzustellen ist, ist das Primat der bestmöglichen Gefahrenabwehr. Dem Ziel des Schutzes der Bevölkerung ist alles andere in dieser Sache unterzuordnen.

Ein großer Kritikpunkt aber bleibt im § 33, dass das Land nur dann per Gesetz die Einsatzleitung hat, wenn es sich um einen radiologischen Katastrophenfall handelt. Auch wenn das Landesamt gemäß § 34 auch in anderen Einsatzfällen die Leitung übernehmen kann, besteht hier die Gefahr, dass Kreise überfordert werden und das Land wie in der Flutnacht nicht oder zumindest nicht rechtzeitig in die Bresche springt. In Katastrophenfällen, bei denen die Landkreise an ihre Grenzen und darüber hinaus gelangen, ist für mich klar: Das Land muss seiner Verantwortung gerecht werden und ohne Wenn und Aber übernehmen. Hier bin ich jetzt schon auf die Expertenanhörung gespannt, wie die Sachverständigen diese Regelungen im § 34 bewerten werden.“

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