Landtagsabgeordneter besucht Projekt „Particura“ im Haus Sonnenblick in Simmern (Westerwaldkreis)
Koblenz/Simmern. Vor rund zweieinhalb Jahren entstand zwischen Bernd Feix, Pädagogischer Vorstand der Stiftung Scheuern, und Oliver Eggert, Vorstand der Stiftung Diakoniewerk Friedenswarte, die Idee für ein Projekt, um Menschen, die aufgrund eines Ereignisses Gehirnschäden erlitten haben, gezielt zu betreuen und zu rehabilitieren. „Wenn Sie einen Schlaganfall oder einen Motorradunfall erleiden und dauerhafte Schäden am Gehirn erleiden, dann stellt das ihr Leben von einem Tag auf den anderen auf den Kopf“, weiß Feix. „Diesen Menschen mit erworbener Hirnschädigung eine Perspektive zu geben, indem wir ermöglichen, Fähigkeiten wiederzuerlangen und so die Lebensqualität zu verbessern und perspektivisch wieder selbstständig zu leben, das ist die Zielsetzung unseres gemeinsamen Projektes Particura“, ergänzt Eggert.
In der Altenpflegeeinrichtung Haus Sonnenblick haben die Stiftungen ein Tagespflegeangebot in Kombination mit den regulären Angeboten der Einrichtung geschaffen, das gezielt auf die Bedürfnisse von Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen zugeschnitten ist. Zwei Fachkräfte, die speziell für diese Aufgabe geschult sind, unterstützen hier die Betroffenen bei dem Wiedererlangen ihrer kognitiven und motorischen Fähigkeiten.
Stephan Wefelscheid, Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der Stadtratsfraktion FREIE WÄHLER in Koblenz, ließ sich ausführlich über das Projekt und die Einrichtung informieren und kam auch mit den Mitarbeiterinnen und Bewohnern ins Gespräch. „Mir ist ein Satz aus unserem Gespräch besonders präsent geblieben: Es geht ein Riss durch das Leben. Das beschreibt sehr treffend, was mit den Menschen passiert, die etwa aufgrund eines Unfalls sich selbst verlieren und plötzlich in einer völlig anderen Welt klarkommen müssen. Hier kann jeder Halt, jede Orientierung wertvoll sein und helfen, wieder ein eigenständiges Leben aufzunehmen“, so Wefelscheid.
Aber auch unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten sei es sinnvoll, sich um eine Wiedereingliederung der Betroffenen zu bemühen anstatt diese nur zu pflegen, sind sich die Gesprächsteilnehmer einig. „Einerseits wächst der Bedarf an Pflegeeinrichtungen, da die Menschen älter werden und das Pflegen durch Angehörige aufgrund der starken beruflichen Beanspruchung immer weniger darstellbar ist“, so Wefelscheid. „Doch andererseits ist es zunehmend schwierig und kostspielig, bei all den Auflagen und Bestimmungen noch Pflegepersonal zu finden. Das zeigt sich auch an den gestiegenen Kosten für Heimplätze, laut Tagesschau soll der Heimplatz in Deutschland mittlerweile durchschnittlich rund 3.100 Euro Eigenanteil im Monat kosten. Die zu pflegenden Personen können das aus den Renten und Privatvermögen nur noch selten finanzieren, Angehörige sind dazu oft auch nicht mehr in der Lage. Das ist eine besorgniserregende Entwicklung. Gerade vor diesem Hintergrund ist es doch wünschenswert, wenn Menschen mit erworbenen Hirnschäden wieder rehabilitiert und zu einem eigenständigen Leben ohne umfassendes Pflegebedürfnis befähigt werden“, findet Wefelscheid.
Derzeit gebe es jedoch noch Schwierigkeiten, die Kostenzusagen für die personenzentrierten Betreuungs- und Förderangebote im Rahmen von Particura schnell zu erhalten. „Momentan dauert die Bearbeitung eines Antrags auf Kostenübernahme noch rund ein Jahr“, so Eggert. „Das ist schlimm für die Betroffenen, weil ohne diese Angebote die Folgen der Hirnverletzung weiter fortschreiten können und später die Rehabilitation erschweren. So verlieren die Betroffenen nicht nur wertvolle Zeit, sondern möglicherweise auch die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben, weil sich manche Schäden dann nicht mehr revidieren lassen.“
„Auch das abschließende Gespräch mit den Mitarbeiterinnen und Betroffenen hat mir gezeigt, welchen Wert dieses Projekt für die Menschen hat“, so Wefelscheid. „Hier ist die Politik gefragt, Prioritäten zu setzen und den Menschen schnell und unbürokratisch die nötige Hilfe zu ermöglichen.“

