Aktuelle Debatte auf Antrag der FDP-Fraktion
Die Ansiedlung eines Weltunternehmens in Rheinland-Pfalz ist gelungen, auch wir FREIE WÄHLER beglückwünschen die Region um Alzey zu diesem Leuchtturm. Möge diese Ansiedlung dazu führen, dass weitere Unternehmen neu nach Rheinland-Pfalz kommen, um die Abhängigkeit unserer heimischen Wirtschaft von einzelnen Industriezweigen zu reduzieren. Denn leider ist es so, dass wir in diesen Tagen auch vernehmen mussten, dass das Land Rheinland-Pfalz 2023 bei der Wirtschaftsentwicklung im Bundesländervergleich das Schlusslicht war. Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt nahm nach vorläufigen Berechnungen um 4,9 Prozent ab, Deutschlandweit war es lediglich ein Minus von 0,3 Prozent. Aber – bevor die AfD jetzt „Schlechte Aussichten für die Wirtschaft“ propagiert, sei gesagt: Dieses starke Minus basiert im Wesentlichen auf den Einbrüchen bei der Wertschöpfung der Industrie insgesamt und vor allem der Pharmaindustrie im Land. Gerade die Pharmaindustrie hatte aber zuletzt überproportional stark vom Geschäft mit Impfstoffen profitiert. Bereinigt um diesen Effekt liegen wir in Rheinland-Pfalz tatsächlich im deutschlandweiten Spektrum.
Was sich in den Zahlen allerdings zeigt: die Schwankungsbreite des Bruttoinlandsprodukts hängt in Rheinland-Pfalz erheblich von 4 Unternehmen ab, nämlich dem Biotechnologieunternehmen Biontech, dem Chemieriesen BASF, dem Pharmakonzern Abbvie und dem Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim. Kommt es in diesen Unternehmen zu Einzeleffekten, hat das direkte Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt – sowohl positiv, wie negativ. Das Beispiel Biontech zeigt aber auch, dass auch in kurzer Zeit neue Unternehmen entstehen können, die so stark werden, dass sie es schaffen können statistische Effekte zu erzielen. Mit jedem neuen Unternehmen, das dazu kommt, sinkt logischer Weise die Anfälligkeit für statistische Ausreißer. Jedes neue Unternehmen, das dazu kommt, hilft die Abhängigkeit unserer heimischen Wirtschaft von einzelnen Industriezweigen zu reduzieren.
Für die erfolgreiche Ansiedlung von neuen Unternehmen hat mir die Beschäftigung mit der für die Start-Up Szene besonders wichtigen Gaming Branche gezeigt, dass die landeseigenen Förderprogramme mit nicht rückzahlbaren Zuschüssen bei weitem nicht ausreichen. Denn häufig sind Projekte im Game-Sektor risikobehaftet, trotzdem wird eine Anschubfinanzierung dringend benötigt. Für die Branche passende Förderprogramme gibt es entgegen den bisherigen Behauptungen von Ministerin Schmitt eben nicht, wie mir ein Branchenvertreter nachvollziehbar darlegte. Und auch in anderen Bundesländern, beispielsweise Baden-Württemberg, NRW, Hamburg oder Berlin-Brandenburg, sind Zuschüsse für die Games-Branche weitaus höher. Es gilt hier also, einen Wettbewerbsnachteil aufzuholen, der unseren Standort aktuell hinter seinen Möglichkeiten zurückbleiben lässt. Und dazu zählt auch die bisherige Personalisierung des Fördernetzwerkes Game-Up. Wenn eine einzelne Person den gesamten Aufbau des Gaming-Netzwerkes verantworten, Förderberatung betreiben und noch etliche weitere Aufgaben wahrnehmen soll, dann wird an der falschen Stelle gespart.
„Willkommenskultur für Unternehmen fördern“ beinhaltet zugleich aber auch den Weg für eine Fachkräftegewinnung und Fachkräfteeinwanderung zu ebnen und dauerhaft zu sichern. Unser Ziel muss es sein, Rheinland-Pfalz als attraktiven Wirtschafts- und Lebensraum zu stärken und zu vermarkten.
Die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage, etwa für die Kreise Altenkirchen, Neuwied und dem Westerwald, zeigen die schwierige Lage der Wirtschaft im nördlichen Rheinland-Pfalz deutlich. Damit die Wirtschaft dort wieder Fahrt aufnehmen kann, müssen bürokratische Hemmnisse weiter abgebaut werden. Denn für die von der Industrie geprägten Regionen darf die Zuwanderung von den dringend benötigten Fach- und Arbeitskräften aus dem Ausland nicht weiter erschwert werden.
Dazu fasste Dr. Peters Enders, Vorsitzender des Verwaltungsrates “Wir Westerwälder” und Landrat des Kreises Altenkirchen zusammen [Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus der Pressemitteilung der IHK Koblenz vom 7. März 2024]: “Als umzusetzende Ebene der Einwanderungspolitik werden die Kommunen vom Gesetzgeber vor Verfahrensprobleme gestellt. Das bremst viele Arbeitgeber, die bei der Rekrutierung von Fachkräften den Weg ins Ausland wagen, aus. Aber auch qualifizierte Fachkräfte, die ihre berufliche und private Zukunft bei uns suchen, werden von der deutschen Bürokratie abgeschreckt. Allerdings sorgen insbesondere diese Menschen dafür, dass Deutschland und unsere Region wettbewerbsfähig bleiben können. Wir benötigen sie und es liegt auch an uns, diese Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren.”
Wir leben in einer Zeit des demographischen Wandels und Fachkräftemangels. Laut aktuellem DIHK-Fachkräftereport können mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen ihre Vakanzen langfristig nicht besetzen – das führt zu insgesamt 1,8 Millionen offenen Stellen. Zugleich wird nach Prognosen die EU-Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter gegenüber 2022 um sieben Millionen Menschen schrumpfen. Der „war for talents“ tobt bereits, hieran wird auch ein EU-Talentpool nichts ändern. Machen wir uns bewusst: Wir sind angewiesen auf die Zuwanderung von Fachkräfte aus dem Ausland. Deswegen brauchen wir zügige Verfahren in den deutschen Auslandsvertretungen sowie schlanke Verfahrensregelungen in den kommunalen Ausländerbehörden.
Erfolgreiche Ansiedlung von Unternehmen erfordert auch eine Willkommenskultur für die Arbeitnehmer.
Es gilt das gesprochene Wort.