Stephan Wefelscheid hält Analyse- und Bewertungsdauer der notfallmedizinischen Erkenntnisse aus der Flutkatastrophe für inakzeptabel lang
MAINZ. Das Ahrhochwasser im vergangenen Jahr hat den Katastrophenschutz, aber auch die zivilen Rettungsdienste in Rheinland-Pfalz über ihre Belastungsgrenze hinaus beansprucht. In der 31. Sitzung des Untersuchungsausschusses „Flutkatastrophe“ berichtete der Zeuge Dr. Dennis R., Oberfeldarzt (Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz), davon, dass aus seiner Sicht bis heute aus den Erkenntnissen des Flutereignisses keine ausreichenden Konsequenzen im Bereich der notfallmedizinischen Versorgung im Krisenfall gezogen worden seien. Sein Haus habe ein diesbezügliches Positionspapier erarbeitet, es stünde dem Land Rheinland-Pfalz auch gerne als sachverständiger Berater in diesen Fragen zur Verfügung. Am 18. Mai 2022 hätte das notfallmedizinische Zentrum ein diesbezügliches Angebotsschreiben an das Ministerium des Inneren und für Sport gesendet. Bis heute sei dieses Schreiben allerdings unbeantwortet geblieben. Dies sei angesichts des Umstandes, dass bei einer neuerlichen Krise die gleiche Problematik wieder auftreten könne, sehr bedauerlich. Dr. Dennis R. rief die Landtagsabgeordneten dazu auf, sich dieses Problems anzunehmen.
Dies hatte der Abgeordnete und Obmann der FREIE-WÄHLER-Landtagsfraktion im Untersuchungsausschuss, Stephan Wefelscheid, zum Anlass für eine Kleine Anfrage an die Landesregierung genommen. In der Antwort stellt die Regierung klar, dass sie das Schreiben per Mail erhalte habe, eine Beantwortung sei bereits im Juli erfolgt. Verwiesen wird zudem darauf, dass die Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse noch andauern würde, wobei auch das vorliegende Positionspapier Berücksichtigung finden solle. So habe es bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) beispielsweise schon eine Arbeitsgruppe „Transportorganisation“ gegeben, deren Arbeitsergebnisse schon vor der Flut vorlagen.
Unabhängig davon, ob das Positionspapier, auf das sich Dr. Dennis R. beruft, nun zeitnah beantwortet wurde oder nicht, befindet Stephan Wefelscheid: „Meines Erachtens ist die Analyse- und Bewertungsdauer der notfallmedizinischen Erkenntnisse aus der Flutkatastrophe inakzeptabel lang. Wie nun das Innenministerium angibt, gab es ja sogar schon vorher Erkenntnisse und Wissen, die nicht umgesetzt und angewandt wurden. Die Neuausrichtung und Ertüchtigung unseres Katastrophenschutzes muss entschieden schneller geschehen und mit höchster Priorität vorangebracht werden, denn jederzeit kann eine neue Großschadenslage eintreten. Wie wenig wir darauf vorbereitet wären, hat mir das vergangene Jahr im Untersuchungsausschuss mehr als deutlich vor Augen geführt.“
Dabei sei es auch denkbar, den abgrenzbaren Bereich der notfallmedizinischen Versorgung bei Großschadenslagen zunächst einzeln zu reorganisieren. „Wir müssen nicht direkt versuchen das ganz große Rad zu drehen und alles umbauen, sondern sollten uns zunächst auf konkrete Bereiche konzentrieren, für die bereits geeignete Handlungsempfehlungen vorliegen. Unabhängig von der Arbeit der Enquete-Kommission täte Innenminister Ebling gut daran, die bereits ausgearbeiteten Aspekte unmittelbar in die Umsetzung zu bringen. Denn nichts wäre schlimmer, als wenn bei einer erneuten Großschadenslage bereits identifizierte Probleme erneut auftreten würden, für die bereits Lösungen erarbeitet wurden. Hier ist schnelles Handeln geboten“, erläutert Stephan Wefelscheid.