32. Plenarsitzung – Stephan Wefelscheid zu „Energetische Waldholznutzung weiter ermöglichen (Antrag der Fraktion FREIE WÄHLER)

Frau Minsterpräsidentin Malu Dreyer hat eben in ihrer Regierungserklärung gesagt, Zitat: „Die schrittweise Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und insbesondere russischem Gas ist eben nicht durch einen Sprint zu erreichen, sondern es bleibt ein Marathon. Deshalb ist es umso wichtiger, die aktuellen Erfahrungen auch immer mit Blick auf die kommende Heizperiode zu bewerten. Was funktioniert gut?“ Eine Antwort auf ihre Frage, Frau Dreyer, haben Sie selber letzten Sonntag bei der Inbetriebnahme des Nahwärmenetzes in Marienthal/Ahr gegeben. Wie mir mein Fraktionskollege Joachim Streit mitteilte, hätten Sie es in Ihrer Rede nämlich sehr begrüßt, dass Holz aus heimischen Wäldern genutzt wird um Holzpellets zu erzeugen, die dann für den Betrieb des Nahmwärmenetzes Marienthal eingesetzt werden. Und mit dieser Aussage liegen sie sehr richtig, Frau Minsterpräsidentin!

Denn gerade im waldreichsten und in weiten Teilen ländlich geprägten Bundesland Rheinland-Pfalz bietet die Verwendung von Waldholz eine nachhaltige und günstige Alternative zu Gas oder Öl als Wärmelieferant. Angesichts der aktuell stark steigenden Kosten für die energetische Versorgung muss diese Option viel mehr genutzt werden. Dazu gehört auch, Kronen- und Kalamitätenholz zu aktivieren, um Pellets- und  Holzhackschnitzelpreise zu drücken. Luxemburg entlastet die Besitzer von Pelletheizungen: die Tonne Pellets wird um 200 € bezuschusst.

Doch aus Brüssel droht wieder einmal Ungemach.

Vergangenen Monat hat das europäische Parlament seine Verhandlungsposition zur Novellierung der „RED III“ genannten Erneuerbare-Energien-Richtlinie beschlossen. Herausheben muss ich dabei den vierten Artikel. Dort soll in verklausulierter Form die Nutzung von Waldholz für energetische Zwecke, also etwa die Verbrennung im privaten Ofen oder dem kommunalen Blockheizkraftwerk, faktisch von Förderungen ausgeschlossen werden.

Fördermittel für solche Anlagen, mit denen nachhaltig und ohne Öl oder Gas um die halb Welt transportieren zu müssen geheizt werden kann, dürften dann nicht mehr fließen. Konkret gilt das auch für Pellet-Heizungen, die sich in der Bevölkerung zunehmender Beliebtheit erfreuen. Und das, nachdem schon die von uns bereits scharf kritisierte Novellierung des Bundesimmissionsschutzgesetzes die Inbetriebnahme solcher Anlagen unnötig erschwert. Wie dramatisch das insbesondere für Rheinland-Pfalz als waldreichstes Bundesland ist, zeigt der Bericht von Staatssekretär Erwin Manz im Ausschuss für Klima, Energie und Mobilität vom 22. September.

Darin wird betont, wie wichtig die energetische Nutzung von Waldholz für unser Land ist. Rund die Hälfte der erneuerbaren Primärenergie in unserem Land kommt vom Energieträger Holz. Etwa 620.000 Einzelfeuerungsanlagen sind in Rheinland-Pfalz aktiv und werden überwiegend mit Holz betrieben. Diese energetische Nutzung von Holz vermeidet nach der Berechnung des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt , Energie und Mobilität alleine in Rheinland-Pfalz als Alternative zu fossilen Energieträgern 1,9 Millionen Tonnen CO2, jedes Jahr. Und dabei wurden in 2020 lediglich rund zwölf Prozent der Holzerträge aus dem rheinland-pfälzischen Staatswald energetisch verwendet.

Auch auf den bereits sehr sorgfältigen Umgang mit unseren Wäldern wurde hingewiesen. So erfolgen beispielsweise keine zusätzlichen Brennholzhiebe zur Deckung der gestiegenen Nachfrage, weiterhin sind Gesundheit und Nachhaltigkeit unserer Wälder oberste Direktive. Und schon Mitte des Jahres wurde der gestiegenen Nachfrage mit der „Brückenstrategie Brennholz“ entgegengewirkt. Man sieht also: Einen unverantwortlichen Umgang mit unseren Wäldern kann man nirgends finden oder vorwerfen.

Wenn nun aber die energetische Holznutzung in Rheinland-Pfalz ein so entscheidender Baustein gegen den Klimawandel ist, wenn unsere Wälder ohnehin nicht von Kahlschlag bedroht, sondern vielmehr geschützt und gehegt werden, stellt sich unweigerlich die Frage: Wie kommt man auf die Idee, solch tiefgreifende Richtlinien auf europäischer Ebene zu beschließen und damit auf massive Weise in unsere Souveränität als Land einzugreifen?

Es mag wohl sein, dass in manchen Ländern nicht angemessen mit den Wäldern umgegangen wird. Doch das rechtfertigt keinen solchen Eingriff in unsere politische Souveränität, unsere ganz konkrete Entscheidungskompetenz, wie wir hier vor Ort in Rheinland-Pfalz unsere Wälder und deren Erzeugnisse nutzen!

Eine Parallele kann man etwa zu der Wolfs-Thematik ziehen. Auch hier wurde von EU-Seite ein Beschluss gefasst, auf den wir als Land keinen Einfluss nehmen können. Dabei sind wir diejenigen, die mit den Folgen dieses Beschlusses leben und umgehen müssen. Unsere heimischen Schäfer und Landwirte sind die Betroffenen, als Land dürfen wir nur an den Symptomen herumdoktern anstatt das eigentliche Problem anzugehen und die Wolfsbestände zu regulieren. 

Nun zum Änderungsantrag der Kollegen von der CDU. Ich finde es spannend, wie sie hier unseren Antrag, der mit gleicher Zielrichtung übrigens auch von Ihren Kollegen von der CSU in Bayern eingebracht wurde, komplett ins Gegenteil verdrehen wollen. Zu glauben, dass die Restholzverbrennung ausreicht, um die Bedarfe gerade in dem anstehenden Winter zu decken, ist blauäugig. Und die in Ihrem Änderungsantrag angerissene Einfriedung der energetischen Primärholznutzung bedeutet nichts anderes, als das, was wir unbedingt verhindern müssen: Ein direkter und massiver Eingriff in unsere Handlungsfreiheit als Land!

Daher appellieren wir an die Landesregierung und an alle Abgeordneten: Lassen Sie sich diese Kompetenz, über die Nutzung unserer eigenen Wälder zu entscheiden, nicht ohne Widerstand abnehmen! Denn wie wir das Klima und die Wälder schützen und dabei unsere Bevölkerung durch diese schwierigen Zeiten bringen, liegt in unserer und in Ihrer Verantwortung als gewählte Repräsentanten dieses Landes!

Es gilt das gesprochene Wort.

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