62. Plenarsitzung – Stephan Wefelscheid zu “Der ÖPNV in Rheinland-Pfalz braucht Planungssicherheit – Finanzielle Zukunft tragfähig machen”

Aktuelle Debatte auf Antrag der FREIE WÄHLER-Fraktion

Die Meldung über das drastische Sparprogramm beim Mainzer ÖPNV läßt aufhorchen: Der geplante Großausbau des Straßenbahnnetzes in Mainz wird ebenso ausgesetzt, wie der Kauf neuer Busse und zusätzlicher Straßenbahnen. Der Grund: ein riesiges Finanzdefizit von 54 Millionen Euro, zurückzuführen auf die Kostenexplosion im ÖPNV. Gegenüber der Presse fordert der Mainzer Stadtwerkevorstandsvorsitzende Daniel Gahr (ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten): “Es muss eine langfristige Finanzierungsstrategie durch dauerhafte öffentliche Zuschüsse von Stadt, Land und Bund gefunden werden“.

Dem nicht genug wird aktuell gestreikt: Verdi fordert für die Tarifbeschäftigten der privaten Omnibusbetriebe 3.000 Euro Einmalzahlung und 500 Euro monatliche Lohnsteigerung. So berechtigt diese Forderungen sein mögen – ich will das an der Stelle gar nicht bewerten – das Geld für diese Lohnsteigerungen muss aber irgendwo herkommen!

Wir wissen alle, dass in den Verkehrsverträgen, die zwischen den Kommunen und den Busunternehmen abgeschlossen wurden, nur 2,5 Prozent Personalkostenentwicklung eingepreist wurden. Anders als in anderen Bundesländern wie Hessen oder Baden-Württemberg, gibt es in Rheinland-Pfalz keine vom Land zu refinanzierende Klausel, mit der unvorhersehbare Lohnkosten ausgeglichen werden könnten. Das Problem daran: Genau eine solche Klausel – auch Rheinland-Pfalz-Index genannt – wurde aber von Seiten der Politik seit Jahren versprochen!

Und genau das weiß auch Verdi! Bei ihren aktuellen Forderungen verweist Verdi gerade auf dieses Versprechen – die politische Zusage für einen sogenannten Index, wie ihn Staatssekretär Andy Becht bereits 2020 versprochen hatte. Nur weil dieses Versprechen überhaupt im Raum steht, kann Verdi aktuell so agieren!

Schon im Sommer 2021 habe ich zu diesem Thema gesprochen und stelle fest, dass ich meinen damaligen Apell wiederholen muss. Fakt ist: Der Rheinland-Pfalz-Index wurde den Arbeitgebern zugesagt und bis heute nicht umgesetzt. Dabei wurde die Wichtigkeit dieses Index bereits von der damaligen Mobilitätsministerin Anne Spiegel am 14. Juli 2021 im Plenum betont (ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten): “Mit diesem Index, meine sehr geehrten Abgeordneten, soll bei langlaufenden Verträgen sichergestellt werden, dass die Vergütung der Busunternehmen und der Beschäftigten durch die Aufgabenträger über die Jahre angemessen angepasst wird.

Auch Frau Ministerpräsidentin Malu Dreyer äußerte im Rahmen des SPD Landtagswahlkampfs auf der „Wir mit ihr Tour“ im Februar 2021 im Gespräch mit Michael Köhler, zu finden auf dem Youtube Kanal der SPD Rheinland-Pfalz, zum Rheinland-Pfalz-Index (ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten): “Der Verkehrsminister hat ja den RLP-Index auch zugesagt und da bleiben wir auch hinten dran. Das ist auch total wichtig, weil am Ende geht’s natürlich auch um ordentliche Tarifverträge und gute Bezahlung, um Nachwuchs als Busfahrer und Busfahrerinnen zu finden“. Und dieser damalige rheinland-pfälzische Verkehrsminister Wissing – ja – der hat nicht nur den ungedeckten Schüttelscheck namens Rheinland-Pfalz-Index hinterlassen, sondern die finanziellen Probleme im ÖPNV durch sein Deutschlandticket noch größer gemacht – bravo FDP. 

„Hinten dranbleiben“ zu wollen – wie Malu Dreyer es ausdrückte, schrieb sich die Landesregierung bereits 2021 auf die Fahne, davon ist bis heute wenig zu spüren. Stattdessen bekamen die Kommunen eine Förderrichtlinie, die es ermöglichte, 50% der Personalkostensteigerungen erstattet zu bekommen. Die anderen 50% mussten die Kommunen jedoch selbst tragen.

Gewichtige Stimmen aus der Praxis fordern nach wie vor den Rheinland-Pfalz-Index. Etwa der Pressemitteilung von Mobilität & Logistik Rheinland-Pfalz e.V. (Molo) vom 24. Mai 2023 ist zu entnehmen (ich zitiere mit der Erlaubnis des Präsidenten): “Für unabdingbar erachten wir daher, dass eine Regelung zum verpflichtenden Ausgleich von Kostensteigerungen nach einem bestimmten Index (sog. Rheinland-Pfalz-Index als Vollkostenindex) sowohl im Verhältnis zwischen Aufgabenträger und Linienkonzessionär als auch im Verhältnis zwischen Linienkonzessionär und Subunternehmer verankert und damit verpflichtend vorgegeben wird.

Und trotz Erneuerung dieser Forderung der Verbände wurde kein Index erarbeitet. Zwischenzeitlich zweifelten Sie, Frau Ministerin Eder, sogar an, ob es einen Index geben müsse, obwohl die Stimmen der Verbände deutlich waren. Stattdessen stellte der Verband Molo einen eigenen Index für Rheinland-Pfalz vor. In der damaligen Presseberichterstattung vom 06.07.23 zu lesen (ich zitiere mit der Erlaubnis des Präsidenten): “Der Verband Mobilität & Logistik Rheinland-Pfalz (Molo) hat für den Busverkehr des Landes unter dem Namen „Molo-RLP-Index“ einen Vollkosten-Index erstellt, der dabei helfen soll, die Verkehrsunternehmen in Zeiten gravierender Kostenveränderungen krisenfest zu machen. Bis heute fehle in Rheinland-Pfalz ein Index, der die tatsächlichen Kostenveränderungen des Busgewerbes wiedergibt.“

Dieser ausgearbeitete Vorschlag für einen Rheinland-Pfalz-Index liegt der Landesregierung seit Frühjahr 2023 vor. Warum ist seitdem nichts passiert?

Ich frage Sie, Frau Ministerin Eder, Frau Ministerpräsidentin Dreyer:

  1. Wann halten Sie endlich Ihre Versprechen?
  2. Wann wird es einen Rheinland-Pfalz-Index geben?
  3. Wie wird dieser ausgestaltet sein?
  4. Welche Gelder planen sie ein, zur Rettung des ÖPNV im Land?
  5. Wann gibt es endlich Klarheit für die Verbände, Arbeitgeber, Arbeitnehmer und alle, die den ÖPNV nutzen möchten?

Diese Fragen müssen endlich mal beantwortet werden!

Geben Sie uns bitte hier und heute die konkreten Antworten darauf. Helfen Sie mit, den Streik zu beenden und den Tarifkonflikt zu befrieden. Ich bin gespannt auf ihre Antworten.

Es gilt das gesprochene Wort.

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